SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest

© 2008 by Frank-D. Paßlick, Gengenbach
 

Immer wieder ist bei kommunalen Baumaßnahmen, seien es Straßenbau- oder ÖPNV-Projekte, von erheblichen "Zuschüssen" aus Finanzmitteln des GVFG die Rede. Aber

Was ist eigentlich das GVFG?

 

Die Buchstaben GVFG stehen für "Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz", was wiederum eine Abkürzung für das "Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden" vom 18.03.1971 ist.

Ergänzende Vorbemerkung: Die Förderung nach GVFG läuft 2019 aus. Als Folge der Unsicherheit darüber, was danach kommt (oder nicht kommt), werden in den Jahren bis 2017 eine Vielzahl von Projekten angestoßen, geplant und (teilweise) umgesetzt. Zur Abrechnung muss nach Fertigstellung oder Auslieferung ein Jahr veranschlagt werden, um die Zuschüsse noch rechtzeitig vor Fristablauf genehmigt zu bekommen. Es ist davon auszugehen, dass die Anerkennungsverfahren nicht für alle Maßnahmen, die auf den letzten Drücker fertig gestellt werden, bewältigt und abgerechnet werden können.

Der § 1 dieses Gesetzes ist durchaus leicht verständlich: "Der Bund gewährt den Ländern Finanzhilfen für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden."

Aber schon in § 2, "Förderungsfähige Vorhaben", wird die Sache sehr viel unübersichtlicher. In drei Absätzen mit bis zu sechs Unterpunkten werden diejenigen Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse genannt, die unter bestimmten Umständen förderungsfähig sind. Im Bereich des ÖPNV sind folgende Maßnahmen aufgeführt:

Bau oder Ausbau von Verkehrswegen der

  • Straßenbahnen, Hoch- und Untergrundbahnen sowie Bahnen besonderer Bauart,
  • nichtbundeseigenen Eisenbahnen, soweit sie dem öffentlichen Personennahverkehr dienen und auf besonderem Bahnkörper geführt werden.

Bau oder Ausbau von

  • zentralen Omnibusbahnhöfen und Haltestelleneinrichtungen sowie von Betriebshöfen und zentralen Werkstätten, soweit sie dem öffentlichen Personennahverkehr dienen,
  • Beschleunigungsmaßnahmen für den öffentlichen Personennahverkehr, insbesondere rechnergesteuerte Betriebsleitsysteme und technische Maßnahmen zur Steuerung von Lichtsignalanlagen,
  • Kreuzungsmaßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz,
  • Umsteigeparkplätze zur Verringerung des motorisierten Individualverkehrs,
  • Haltestellen für den ÖPNV,

die Beschaffung

  • von Standard-Linienomnibussen und Standard-Gelenkomnibussen, soweit diese zum Erhalt und zur Verbesserung von Linienverkehren nach § 42 des Personenbeförderungsgesetzes erforderlich sind und überwiegend für diese Verkehre eingesetzt werden.
  • von Schienenfahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs

Aus dem Bereich des kommunalen Straßenbaus (KStB) sei hier nur eine förderungsfähige Maßnahme genannt:

  • Bau oder Ausbau von besonderen Fahrspuren für Omnibusse.

 
Der § 3 GVFG nennt die Voraussetzungen der Förderung. Hierbei sind zwei ganz unterschiedliche Kategorien der Voraussetzung für die Förderung von Vorhaben nach § 2 ist zu unterscheiden.

Hier werden zunächst Bedingungen an das zu fördernde Projekt geknüpft. Das Vorhaben muss

  • nach Art und Umfang zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse dringend erforderlich sein,
  • die Ziele der Raumordnung und Landesplanung berücksichtigen,
  • in einem Generalverkehrsplan oder gleichwertigen Plan vorgesehen sein,
  • bau- und verkehrstechnisch einwandfrei und unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant sein,
  • die Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung berücksichtigt und den Anforderungen der Barrierefreiheit möglichst weitgehend entsprechen.

 
Da es sich bei GVFG-Mitteln um eine Förderung und nicht um eine Kostenübernahme handelt, muss als weitere Voraussetzung der Förderung die beantragende Kommune

  • die übrige Finanzierung des Vorhabens (oder eines Bauabschnittes mit eigener Verkehrsbedeutung) gewährleisten.

Gefördert werden können außerdem nur Maßnahmen, die in von den jeweiligen Bundesländern aufzustellenden Programme aufgenommen worden sind. § 5 GVFG bezeichnet dies näher:

  • Für Vorhaben, die aus den Finanzhilfen gefördert werden sollen, sind Programme für den Zeitraum der jeweiligen Finanzplanung aufzustellen und jährlich der Entwicklung anzupassen.
  • In die Programme dürfen Vorhaben nur aufgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 3 vorliegen oder voraussichtlich im Zeitpunkt der Förderung vorliegen werden.
  • Die Programme sind abzustellen auf die voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mittel.

 
Einzelheiten zur Aufstellung der Programme regelt § 6 GVFG. Danach stellt jedes Land Programme für Vorhaben auf, wobei das Ziel einer Verbesserung der Verkehrsverhältnisse auch ausserhalb der Verdichtungsräume besonders zu berücksichtigen ist. Der finanzielle Rahmen für die Programme ergibt sich aus dem auf jedes Land entfallenden prozentualen Anteil an den zur Verfügung stehenden Mitteln.

Dieser Anteil der einzelnen Bundesländer am zu verteilenden "Kuchen" bemisst sich nach der Zahl der im einzelnen Land zugelassenen Kraftfahrzeuge im Verhältnis zum gesamten Kraftfahrzeugbestand aller Länder.

Das Bundesverkehrsministerium teilt den Ländern auf der Grundlage der Programme die Finanzhilfen zu.

§ 9 GVFG regelt den Verwendungsnachweis. Die Länder weisen danach gegenüber dem Bund jeweils für ein Haushaltsjahr die zweckentsprechende Verwendung der Finanzhilfen nach durch Mitteilung der Zahl der geförderten Vorhaben, der Summe der für diese Vorhaben angefallenen zuwendungsfähigen Kosten sowie der Summe der aus den Finanzhilfen ausgezahlten Zuwendungen.

Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hier nur wesentliche Aspekte des GVFG wiedergegeben sind. Das Gesetz weist eine Vielzahl von Sonderregelungen (z.B. bzgl. der neuen Bundesländer) und weiterer Durchführungsbestimmungen aus. Die bisherigen Ausführungen sollen ein Grundverständnis für den Fluss von Fördermitteln des GVFG vom Bund zu den Ländern ermöglichen.

 

"Die Landesregierung kürzt den GVFG-Förderanteil für den ÖPNV"
Über die Verteilung der GVFG-Finanzmittel in den Bundesländern

Der Gestaltungsspielraum für die Verwendung von Finanzmitteln nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz durch die Bundesländer setzt bei der Auflegung von GVFG-Förderprogrammen ein. Bis 1992 war den Bundesländern die Aufteilung der Mittel zwischen Vorhaben des KStB (kommunaler Straßenbau) und Vorhaben des ÖPNV vorgegeben. Seither können die Länder die Bundesfördermittel innerhalb ihrer Länderprogramme flexibel einsetzen. Hier soll als konkretes Beispiel das "Musterland" Baden-Württemberg herangezogen werden.

Die Verwendung der Bundesmittel zur Förderung des ÖPNV-Ausbaus hat in Baden-Württemberg während der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre durchaus Früchte getragen. Das Angebot bei Bus und Bahn konnte deutlich gesteigert werden, die Qualität der Fahrzeuge wurde verbessert, die Fahrpläne vertaktet und die Angebote in den Tagesrandlagen erweitert. Die Fahrgastzahlen nahmen dadurch erheblich zu, der modal split veränderte sich deutlich zu Gunsten des ÖPNV.

Einer der Schwerpunkte der Förderung ist die Bezuschussung kommunaler Infrastrukturmaßnahmen. Die Palette ist breit und reicht etwa vom überdachten Fahrradständer an einer Bushaltestelle bis zum neuen Haltepunkt an einem Schulzentrum. Hier ist in den vergangenen Jahren nicht nur in den Ballungszentren, sonders besonders auch in der Fläche viel geleistet worden. Allerdings konnten verständlicherweise nur eine beschränkte Anzahl von wünschenswerten Projekt realisiert werden.

Das Umwelt- und Verkehrsministerium von Baden-Württemberg ist allerdings auf dem "besten" Weg, die erfolgreichen Ansätze zu zerstören und dem Erhalt und der Weiterentwicklung des ÖPNV Hemmschuhe in den Weg zu legen. Im Haushaltsjahr 2003 wurden die GVFG-Mittel für den ÖPNV bereits um 45 Mio EUR gekürzt, um den Landeshaushalt zu entlasten. Der Sparplan für 2004 sieht veränderte Förderrichtlinien vor, die manchem Projekt den Garaus bescheren werden.

Auf den ersten Blick scheint die Reduzierung der Zuschüsse für die Infrastrukturmaßnahmen bei Landesprojekten von 85 Prozent auf 75 Prozent nicht so dramatisch auszufallen. Aus der Sicht der betroffen Gemeinden erhöht sich allerdings der zu finanzierende Eigenanteil von 15 auf 25 Prozent, was einer Steigerung um 67 Prozent der Eigenmittel entspricht. Da die Gemeinden bereits in vielen anderen Bereichen mit Mehrausgaben belastet worden sind (z.B. Schülerbeförderung), werden angedachte oder vorgeplante Projekte kaum noch den Weg über den Schreibtisch des Kämmerers überleben.

Ein Beispiel soll die Situation verdeutlichen. Die Gemeinde G steht vor der Situation, dass die Deutsche Bahn wegen ihrer fortschreitenden Personalreduzierung einen schienengleichen Bahnsteigzugang nicht mehr überwachen möchte. Eine Einfachstunterführung wird der Gemeinde angeboten, die den stadtplanerischen Vorstellungen in keiner Weise gerecht wird. Die Mehrkosten für die Planung und den Bau eines barrierefreien Zugang und dem Durchstich zu einem neu anzulegenden Park&Ride-Parkplatz werden von der Gemeinde mit 1,6 Mio EUR veranschlagt. Nach den bisherigen Förderrichtlinien könnten von diesem Vorhaben 1,36 Mio EUR aus GVFG-Mitteln zufließen. Nach den neuen Richtlinen würde sich aber der Eigenanteil der Gemeinde G von 240.000 EUR auf 400.000 EUR um 67 Prozent erhöhen. Da die grenze der Finanzierbarkeit für kleinen Städte häufig überschritten wird, entfällt die Möglichkeit der Antragstellung (§ 3 (2) GVFG). Als besonderes Hemmnis für kleinere Projekte kommt der geplante Selbstbehalt in Höhe von 250.000 EUR pro Maßnahmen hinzu, der besonders die kleinen Kommunen in der Fläche aus den programmen heraushalten wird. Und so werden Planungen in den Schubfächern verschwinden. Im Beispiel der Unterführung wird wohl eine Notlösung Typ "Mauseloch" auf Jahrzehnte hinaus als Provisorium den Zugang zum ÖPNV verschlechtern.

Im Januar 2004 fanden sich in den Lokalzeitungen wegen der Verringerung der Förderanteile viele kleine Todesanzeigen kommunaler ÖPNV-Projekte. Hier wird ein schon lange im Verkehrsplan vorgesehener neuer Haltepunkt auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben; dort bleiben vorgesehene S-Bahn-Projekte (Rückgang der Fördersätze bei Bundesmaßnahmen über ein Volumen 51 Mio EUR von 85 auf 80 Prozent) in der Planung stecken und die Beschaffung neuer Fahrzeuge wird ebenfalls unterbleiben (Rückgang des Förderanteils von 50 auf 35 Prozent bei Schienenfahrzeugen und Bussen).

Der kommunale Straßenbau muss im Sparhaushalt auch Federn lassen, allerdings in erheblich geringerem Umfang (30 Mio EUR ÖPNV / 23 Mio EUR KStB). Die Förderung regionaler Flugplätze, wie z.B. das Zuschussgrab Baden-Airport Söllingen (12 Mio EUR in 2004), bleibt dagegen auf hohem Niveau. - Der Name "Umwelt- und Verkehrsministerium" sollte bei nächster Gelegenheit überdacht werden.
... Was inzwischen geschehen ist, denn mit der Regierungsumbildung der Landesregierung von Baden-Württemberg unter dem neuen Ministerpräsidenten Oettinger im April 2005 verschwand das UVM in der Versenkung. Übrig blieb das Umweltministerium, während der Verkehr als Abteilung des Innenministeriums ("Mini"sterium) endete.